Ein Ende als Anfang: Peter Konietzko verabschiedet sich in den Ruhestand
Noch ist es sein Büro, wenn auch nur noch bis Mitte August, denn dann geht Peter Konietzko (65), Gesamtleiter des Berufsbildungs- und Jugendwerks Don Bosco Aschau am Inn, ganz offiziell in Rente und gibt die Verantwortung in die Hände seines Nachfolgers. „Nach 36 Berufsjahren und davon etwas mehr als 32 Jahre hier in Aschau am Inn und in Mettenheim – eine lange Zeit“, bemerkt Konietzko leise, lächelt und legt zwei Akten auf seinem Schreibtisch ab. Eine grüne Pflanze, ein runder Besuchertisch, die Bücher – ein Mix aus Fachliteratur, Jugendhilfe-Paragraphen und Gesetzestexten –, und Ordner ordentlich im Regal sortiert und auf dem Sideboard ein winziger Einblick in sein Privatleben: eine kleine hölzerne Figur aus Indien.
Ein Stück Heimat bleibt zurück
Er gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge, sagt Peter Konietzko. „Ich bin jetzt so lange da und Aschau ist ein Stück Heimat geworden. Gleichzeitig freue ich mich darauf, Zeit für meine Enkeltöchter und meine Familie zu haben. Und mein Haus braucht mich auch dringend, da ist einiges dran zu machen, was über die Jahre liegen geblieben ist.“ Wirklich könne man das zwar vorher nie einschätzen, aber es sei gut, dass die Verantwortung weg sei. „Ein bisschen erleichternd“, fügt der 65-Jährige hinzu. Im Moment überwiege also gerade die Freude.
Peter Konietzko blickt zurück auf eine abwechslungsreiche Zeit und einen facettenreichen Werdegang – sowohl hinsichtlich seiner beruflichen Ausbildung als auch bezüglich seines Berufslebens. Aufgewachsen in der Tölzer Gegend, kannten schon seine Großeltern und Eltern Don Bosco und den Orden der Salesianer, erinnert sich Peter Konietzko. „Insofern war ich mit Don Bosco bereits ein bisschen vertraut. Und da mich Soziale Arbeit interessiert hat und ich mit jungen Menschen arbeiten wollte, bin ich in Benediktbeuern zum Studium der Sozialen Arbeit mit dem Schwerpunkt der Heil- und Sonderpädagogik gelandet.“ Während dieser Zeit kam er zum ersten Mal mit dem Berufsbildungs- und Jugendwerk in Aschau am Inn in Berührung, wo er sein Jahrespraktikum absolvierte.
„In dem Jahr habe ich gesehen, welche enormen Möglichkeiten für junge Menschen Aschau am Inn bietet. Ich war dort ein Jahr hauptsächlich in der Wohngruppe als Praktikant eingesetzt und habe gemerkt: Das ist toll, das ist etwas, wohin ich später mal zurückkommen möchte.“
Ein facettenreicher Lebenslauf
Doch zunächst folgten andere Stationen. Den Studienabschluss in der Tasche, zog es den jungen Sozialpädagogen als Heimleiter und Referent in eine Jugendbildungsstätte in Fürstenried.
„Es war eine gute und sehr fordernde Stelle,“ erinnert sich Peter Konietzko. „Ich habe dort Seminare gegeben, nachts die Jugendlichen zur Ruhe bringen müssen und in der Zeit sehr viel gelernt.“ Eine Aufgabe, die ihm Spaß machte, die aber von vorneherein nur für eine begrenzte Zeit angelegt war. Die Psychologie reizte Konietzko schon von Anfang an und führte ihn nach Beendigung seiner Tätigkeit in Fürstenried nach Regensburg zum Zweitstudium.
Für fünf Jahre – unterbrochen von einer besonderen Reise: Die Kindernothilfe schickte den Studenten für einen Forschungsauftrag nach Südindien – ein Erlebnis, das sein Leben veränderte. In einem Dorf namens Dornakal traf der junge Forscher auf Sujatha, eine Lehrkraft im dortigen Bildungszentrum, und verliebte sich. „Sie ist nicht gleich mit nach Deutschland gekommen, aber es war ein Kontakt da und daraus ist dann mehr entstanden“, erinnert sich Peter Konietzko und lächelt. Er heiratete 1986. Heute ist Konietzko Vater von drei erwachsenen Töchtern und drei quirligen und aufgeweckten Enkelkindern.
Die Rückkehr nach Aschau
Beruflich zog es den jungen Familienvater damals, mit knapp über 30 Jahren und mit zwei Studienabschlüssen in der Tasche, zurück nach Aschau. „Als ich mich dort meldete, hatte ich an eine Tätigkeit in der Sonderwohngruppe für besonders schwierige Jugendliche gedacht“, erzählt Peter Konietzko von seinen Arbeitsplatzvorstellungen. Geworden ist er dann Leiter der Berufsvorbereitung.
An seine „Rückkehr“ nach Aschau denkt er gerne. „Es war schön, wieder hierher zu kommen. Mir war so vieles vertraut.“ Als Praktikant habe er die Einrichtung sehr stark aus der Internatsperspektive gesehen und dann sei er im Arbeitsbereich Berufsvorbereitung und Ausbildung gestartet, was etwas komplett Neues gewesen sei.
„Je länger man im Berufsbildungswerk ist, desto mehr kommt dazu“, sagt Peter Konietzko schmunzelnd. So habe er nach einiger Zeit zusätzlich den Bereich der Fortbildung übernommen, dann auch die Leitung der Zweigeinrichtung Mettenheim und sich generell um das Thema Ausschreibungen und neue Projekte gekümmert, bis hin zur Übernahme der Ausbildungsleitung. „Und als ich mich darin eingearbeitet hatte, kam dann eben noch auf meine letzten Jahre die Gesamtleitung hinzu.“ Dabei war er eigentlich davon ausgegangen, dass jemand Neues komme, den er noch ein bisschen auf seinem Weg in den Ruhestand mit seiner Erfahrung als stellvertretender Gesamtleiter unterstützen könne, der er seit 2015 war.
Pläne für die Zukunft
„Ich musste schon erstmal schlucken als mir die Gesamtleitung anvertraut wurde, denn als Stellvertreter wusste ich um die schwierige wirtschaftliche Situation und womit ich zu kämpfen haben würde. Da galt es, zum Teil harte Entscheidungen zu treffen, und das ist natürlich keine wirkliche Freude.“ Pater Heinz Menz, seit einigen Jahren Direktor der Salesianergemeinschaft vor Ort, sei ihm bei allen Entscheidungen und in so manch schwieriger Situation ein guter Berater gewesen. Auch die Familie, Töchter und Enkelkinder seien ein guter Ausgleich zum oft langen und schwierigen Arbeitstag. „Und wenn einen dann doch mal etwas länger beschäftigt, dann hilft es, in die Berge zu gehen“, sagt Konietzko mit ruhiger Stimme. Wandern, Rad- und Motorradfahren und Segeln hat er auch für seinen Ruhestand eingeplant, genauso wie Gitarre spielen – wenn auch nicht mehr Hardrock, so wie damals, als er in jungen Jahren in einer Hardrock-Band die E-Gitarre zupfte.
„Wichtig ist, dass man immer mal wieder neue Sachen ausprobiert“
Im Berufsbildungswerk oder „BBW“, wie er es liebevoll nennt, hätte er gerne noch ein paar Dinge zu Ende oder neu an den Start gebracht. Die Jugendhilfe weiter auszubauen, eine Brücke in die Psychiatrie zu schlagen und im Bereich Beschulung von Kindern mit emotionalen und sozialen Störungen ein Angebot zu entwickeln – Gedanken und Ideen, die Konietzko am 14. August, seinem offiziell letzten Arbeitstag, an seinen Nachfolger Christian Kunde weitergibt. „Man darf nicht zu sehr in der eigenen Soße schwimmen und sollte Projekte anstoßen, die einem neue Impulse geben und einen wieder etwas voranschieben“, sagt er. Er sei sicher, dass sich das Berufsbildungs- und Jugendwerk in Aschau qualitativ nicht verstecken brauche und gute Arbeit mache: „Wichtig ist, dass man immer mal wieder neue Sachen ausprobiert und innovativ bleibt.“
Was in Erinnerung bleibt...
Mitnehmen in den Ruhestand wird er vor allem die vielen berührenden Momente mit den Jugendlichen, wie zum Beispiel die Verabschiedung von Prüflingen nach mehreren Ausbildungsjahren und einem nicht selten mühsamen, gemeinsamen Weg. „Bei so manchem hat man anfangs seine Zweifel, vor allem, wenn ein Krisengespräch nach dem anderen folgt. Dann an den jungen Menschen dran zu bleiben, ihnen immer wieder eine neue Chance zu geben und letztendlich zu sehen, wie sie doch die Kurve kriegen. Das sind die Momente, in denen man sieht: Das macht Sinn, was wir hier treiben.“ Seine Augen strahlen, wenn er davon erzählt.
In solchen Momenten ist Peter Konietzko stolz auf das, was er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Don Bosco Aschau am Inn leisten. Erst vor kurzem sei ein junger Absolvent auf ihn zugekommen und habe sich bedankt: „Und komischerweise kommen immer die Anstrengenden, mit denen man lange gerungen hat, wieder und sagen: Es war gut, ihr habt es richtig gemacht.“ Ein schöneres Dankeschön zum Abschied gibt es wohl nicht.
Text und Fotos: Pia Jaeger